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Ein paar Zeilen mit Exkurs in die Heimatgeschichte

für Anwohner und Nachbarn des Deichelweges

die sich fragen, weshalb die Straße so benannt ist

 

Die Benennung von neugebauten Straßen stellt Gemeinde- und Stadträte oft vor Namensnöte. Man behilft sich dann halt schon mal mit Vögeln, Berggipfeln, Blumen, Komponisten oder ähnlichem.

Weil das nicht besonders sinnreich oder phantasievoll ist, strengt sich der Altusrieder Rat in solchen Fällen besonders an. Meist wird nach einem Bezug zu örtlichen Besonderheiten oder geschichtlichen Anknüpfungspunkten gesucht.

So geht der Deichelweg auf die frühe Kimratshofer Geschichte zurück.

Im Mittelalter, dessen Ausgang die Geschichtsschreibung auf das 16. Jahrhundert datiert, entwickelte sich ein umfangreiches Lehenswesen. Klöster, Stifte, Städte, Fürsten und andere Adelige erhielten Gebiete mitsamt den dort jeweils lebenden Bewohnern als Lehen vom Kaiser. Dieser war alleiniger Grundherr. Privates Grundeigentum, wie es heute üblich ist, kannte man damals nicht. Wer ein Lehen erhielt oder innehatte, nutzte dieses in erster Linie dadurch, dass er von den dort lebenden Bewohnern, die seine Untertanen waren, Dienste, Naturalabgaben und Steuern einforderte. Lehen konnten auch getauscht, gekauft oder verkauft werden. Die alte Gemeinde Kimratshofen teilte sich in mehrere Lehensgebiete auf (Großteil Fürststift Kempten mit Vogt in Hohentann, Ritter von Werdenstein, Reichsstadt Kempten, Herren von Rothenstein).

Der in Kimratshofen geborene, vor ca. 10 Jahren verstorbene Pfarrer Ludwig Dorn hat sich sehr eingehend mit der Geschichte Kimratshofens und seiner Weiler beschäftigt. Dazu schmöckerte er sehr viel in alten Urkunden-Archiven. 

Was hat das nun mit dem Namen Deichelweg zu tun ? 

Die Geschichte dazu liefert ein Artikel von Pfarrer Dorn, den er 1939 im Legauer Kirchenanzeiger veröffentlichte:

Um das Jahr 1500 war Oberhofen großteils Lehensgebiet der Stadt Kempten, während Kimratshofen mit Hohentann dem Fürststift Kempten lehenbar war.

In Kimratshofen gab es eine öffentliche Badstube. Höfe und Häuser besaßen damals kein fließendes Wasser und schon gar kein Badezimmer. Man begab sich also ab und zu in die öffentliche Badstube, wo man gegen einen Obulus baden und sich auch sonstiger Dienste des Baders bedienen konnte (z.B. Haare schneiden).

Im Jahr 1507 fanden die Kimratshofer auf Stadt-Kemptischem Gebiet in Oberhofen eine Wasserquelle, die sie einfaßten und in Deicheln ( Holzrohre / gebohrte Holzstämme) zu ihrer Badstube ins Dorf leiteten. Die Oberhofer verständigten Ihren Lehensherrn über diese Wasserableitung nicht. Die Kimratshofer hatten ihnen nämlich versprochen, dafür zukünftig nur noch den halben Jahres-Badlohn zahlen zu müssen.

Etwa hundert Jahre später wollte der Bader wieder die vollen Badegebühren einkassieren, womit die Oberhofer aber gar nicht einverstanden waren. Ihre Lehensherrschaft, die Stadt Kempten, verlangte mit Urkunde vom 22. März 1617 die Fortdauer des bisherigen Gebühren-Privilegs für den Badebesuch ihrer Untertanen. Der Bader beschwerte sich beim Vogt von Hohentann, dass die Oberhofer den Badlohn nicht voll und z.T. gar nicht mehr bezahlten.

Das ärgerte die Oberhofer so sehr, dass sie eines nachts an zwei Stellen die Deichelleitung zur Badstube zerstörten. Der Bub des Baders hat jedoch drei Oberhofer dabei beobachtet, die darauf dem Vogt von Hohentann gemeldet wurden. Der ließ die drei Täter im Gefängnis von Hohentann einbuchten. Erst nach energischer Intervention des Bürgermeisters und Rates der Stadt Kempten wurden diese wieder freigelassen und konnten wohl später die Badstube mit ihren Oberhofer Nachbarn wieder verbilligt besuchen.

Weil das Gebiet des Deichelweges in diesem damals strittigen Bereich liegt, hat der Gemeinderat diesen Namen gegeben.

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